Trends im Bereich Distressed M&A

Während die Anzahl der Unternehmensinsolvenzen in Deutschland seit Jahren rückläufig ist, sehen wir weiterhin eine positive Entwicklung im Bereich der Distressed M&A-Transaktionen. Es zeichnet sich ein zunehmender Trend von vorinsolvenzlichen Verkäufen von Unternehmen in Krisensituationen oder unprofitablen Geschäftsbereichen (Carve-outs) ab.
  • März 2019
  • Industrie
  • Distressed M&A

Während die Anzahl der Unternehmensinsolvenzen in Deutschland seit Jahren rückläufig ist, sehen wir weiterhin eine positive Entwicklung im Bereich der Distressed M&A-Transaktionen. Es zeichnet sich ein zunehmender Trend von vorinsolvenzlichen Verkäufen von Unternehmen in Krisensituationen oder unprofitablen Geschäftsbereichen (Carve-outs) ab. Offensichtlich sind immer mehr Unternehmensinhaber bereit frühzeitig Lösungen zu suchen und die Insolvenz in der eigenen Eigentumssphäre zu verhindern.

Von Unternehmenskrisen betroffen zu sein scheinen derzeit insbesondere die Branchen des stationären Handels, der Textilbrache sowie der Automobil-Branche.

Der stationäre Handel leidet zunehmend unter der fortschreitenden Digitalisierung. Kunden, welche diesen ursprünglich primär für die Inanspruchnahme von Beratungsleistungen sowie Preisvergleiche genutzt haben, nutzen heute dafür oftmals das Internet. Die Beratungsleistung in Läden vor Ort rückt vermehrt in den Hintergrund, ist aber noch das vom Handel genutzte Kern-USP, um den Käufer für den stationären Einzelhandel zu gewinnen. Wer sich nicht mit der Digitalisierung entwickelt hat und die Ware nicht über einen Onlineshop vertreibt, findet sich derzeit bereits oft in Krisensituationen wieder.

Dieser Trend zeigt sich auch im Bereich der Textilbranche, in der namhafte Marken wie Gerry Weber, René Lezard, Basler oder Laurel sich derzeit entweder in Insolvenzverfahren oder aber Restrukturierungssituationen befinden. Auch hier ändert sich das Kaufverhalten der Kunden zunehmend und verlagert sich in die Richtung des Onlinehandels. Branchenexperten sind zudem der Meinung, dass die schnelle und zielgenaue Umsetzung neuer Kollektionen (i.e. Design, Produktion und Vermarktung) entsprechend des Kundengeschmacks einer der wichtigsten Erfolgstreiber sei, da derzeit rund 30 Prozent zu viel Ware auf dem Markt sei. Liegen alle Schritte vom Design bis zum Verkauf der Ware in der Hand eines Unternehmens, erhöhe dies die Anpassungsfähigkeit an die Kundenwünsche und verringere die Produktionszeit für neue Kollektionen. Zudem hat sich die Grundhaltung jüngerer Generationen verändert, welche nicht mehr auf die langfristige Nutzbarkeit der Ware durch hohe Qualität, welche sich auch in einem entsprechenden Kaufpreis niederschlägt, ausrichtet, sondern mitunter in einer „Wegwerf-Mentalität“ – günstiger Kauf, kurzweiliges Tragen, erneuter Einkauf neuer Modetrends. Beispiele für den auch weiterhin möglichen Erfolg in der Branche sind Unternehmen wie Naketano, Zara, Primark und Adidas.


Schwierigkeiten stellen sich auch den Automobilzulieferern. Die Automotive-Branche befindet sich derzeit im Wandel in Richtung alternativer Antrieb, aktuell vornehmlich der Elektromobilität. Wie sich dieser Trend jedoch ausprägen wird, wie viele Abnehmer es in diesem Bereich geben wird und ob der Verbrennungsmotor tatsächlich primär durch den Elektromotor ersetzt wird, bleibt abzuwarten und ist derzeit kaum einzuschätzen. Während sich VW offensichtlich streng auf diese Entwicklung ausrichtet und den Druck der Transformation an die Zulieferer weitergibt, scheinen sich BMW und Daimler weiterhin mit der Rettung des Verbrennungsmotors zu beschäftigen.

Dennoch gilt: Zulieferer, welche sich dem Wandel in Richtung Elektromobilität nicht angeschlossen haben und dementsprechend ihr Produktportfolio nicht angepasst haben, konnten sich in den vergangenen Jahren auf der guten Konjunktur und günstigen Kreditzinsen ausruhen. Mit dem Rückgang des florierenden Binnenmarktes und günstiger Kreditzinsen werden sich jedoch Zulieferer, deren Komponenten im Rahmen der Elektromobilität nicht mehr benötigt werden, zunehmend in Krisensituationen widerfinden. Durch den Übergang von Verbrennungs- auf Elektromotoren in Deutschland wird ein zunehmender Abbau von Arbeitsplätzen in der Automobilindustrie prognostiziert.

Zudem wirken sich die derzeitigen Unsicherheiten bezüglich der umstrittenen Dieselfahrverbote negativ auf das Kaufverhalten der Kunden aus, die zukünftige Nachfrage von neuen PKWs, ebenso des Motorentyps, ist nur schwer einzuschätzen und führt zur Verunsicherung der großen Automotive-Konzerne. Automobilhersteller vertagen Investitionsentscheidungen, setzen aufgrund der hohen Lohnkosten in Deutschland auf Zulieferer aus dem Ausland und leiden unter den Unsicherheiten aufgrund von angedrohten Strafzöllen seitens der USA gegenüber deutschen Autoherstellern. Die weitere Entwicklung bleibt abzuwarten.

In Distressed M&A-Prozesses wird zunehmend wahrgenommen, dass diese, auch in den genannten „Krisenbranchen“, primär durch ansteigendes Interesse aus dem Ausland angekurbelt werden. Ausländische Investoren versuchen sich den Eintritt in die jeweiligen deutschen Märkte zu sichern und erzeugen damit intensiveren Wettbewerb innerhalb der M&A-Prozesse und in den Märkten. Schwierigkeit dabei: Innerhalb eines sehr begrenzten Zeitrahmens eine fremde Rechtsordnung und die damit einhergehenden Herausforderungen und Möglichkeiten zu erfassen und im Rahmen der Distressed M&A-Transaktion umzusetzen. Die Einbindung eines (wenn benötigt insolvenzrechtlich) erfahrenen Anwalts zur Umsetzung einer Transaktion innerhalb eines engen Zeitrahmens ist daher empfehlenswert.

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